Wiederverwendung und Recycling von Leichtverpackungen (LVP): Unterschied zwischen den Versionen

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== Nutzung von Kunststoffen, Lebensdauer, Reuse (Mehrwert:Kreislaufwirtschaft) (Arbeitstitel) ==
Kunststoffe werden aufgrund ihrer zahlreichen Eigenschaften als Werkstoffe geschätzt. Obwohl es ihr Ruf gegenteilig vermuten lässt, schneiden sie unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren oft sogar besser ab als Konkurrenzprodukte. Die Gründe dafür liegen beispielsweise in der Gewichtsreduktion bei der Substitution durch eines Bauteils durch ein Kunststoffbauteil, dem Vereinen mehrerer Funktionen, der vielfältigen Wiederverwertbarkeit und der Wiederverwendung (z.B. Pfandsysteme). [Kalweit et al. 2012, S. 87]
In der heutigen Industrie sind Kunststoffe nicht mehr zu ersetzen. Stattdessen ersetzen sie zumeist andere Konkurrenzmaterialien. Kunststoffe befinden sich beispielsweise in der Medizintechnik bereits in einer Vormachtstellung, begünstigt durch die Notwendigkeit von sterilen Werkzeugen. Die nachfolgende Tabelle 2 listet einige Kunststoffsorten und deren Einsatzgebiete auf.
{| class="wikitable"
|+ style="caption:bottom; color:black;"|''Tabelle 3: Auswahl einiger nach ihrer Art sortierten Kunststoffsorten [Schwarz et al. 2016; Abts 2016; Weißbach et al. 2018]''
! style="color:black" |'''Kunststoffart'''
! style="color:black" |'''Kunststoffsorte'''
! style="color:black" |'''Anwendungsbeispiel'''
|-
|'''Thermoplasten'''
|PE
|Folien (PE-LD), Hohlkörper (PE-HD)
|-
|
|PP
|Spritzgussanwendungen
|-
|
|PS
|Wärmedämmung, maßhaltige Bauteile
|-
|
|PET
|Getränkeflaschen, Ketten, Federn, Schrauben, Nockenscheiben, Gleitlager
|-
|
|PMMA
|Brillengläser, Lupen, Linsen
|-
|
|PC
|
|-
|
|PA
|Hohlkörper, Flach- und Schlauchfolien
|-
|
|PVC
|Rohre, Dachrinnen, Becher
|-
|'''Elastomere'''
|SBR
|Reifenmischungen
|-
|
|CR
|Kühlwasserschläuche
|-
|
|NBR
|Dichtungswerkstoff
|-
|
|HR, CHR
|Regenschläuche
|-
|'''Thermoplastische Elastomere'''
|TPE-U
|Kabelmäntel
|-
|
|TPE-(SB)
|Schläuche
|-
|
|TPE-O
|Stoßdämpfer, Armaturenbretter
|-
|'''Duroplasten'''
|PF
|Formmassen (Steckdosen, Pfannenstiele, Griffe, Autoteile)
Schichtpressstoffe (Zahnräder, Laufrollen)
|-
|
|UF
|Stecker, Lichtschalter, Leim, Klebstoffe
|-
|
|MF
|Schraubverschlüsse, Griffe, Gehäuse
|}
===Eigenschaften von Kunststoffen===
Kunststoffe werden aufgrund ihrer Materialeigenschaften als Substitute für andere Materialien eingesetzt. Die mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen unterscheiden sich je nach Sorte und Anwendungszweck. Die Gleit- und Haftungseigenschaften ermöglichen die Nutzung als mobile Bauteile ohne dabei auf der Verwendung von Schmiermittel zurückzugreifen. Thermoplasten sind außerdem nicht vernetzte polymere Werkstoffe und besitzen daher eine gute Fließfähigkeit. Dies führt zu einer kostengünstigen Verarbeitung der Stoffe durch einfache Formung. Anders als Metalle weisen Kunststoffe meist eine gute Korrosionsbeständigkeit und bei manchen Sorten sogar eine bessere Chemikalienresistenz als Edelstähle auf. Allerdings sind Kunststoffe oft anfällig gegen Lösungsmittel. [Kalweit et al. 2012, S. 80]
Bei der Compoundierung werden den Polymeren in der Kunststofftechnik Zuschlagstoffe und Additive beigemischt. Stabilisatoren erhöhen beispielsweise die Beständigkeit gegen Witterungsverhältnisse. Dem Abbau von Kunststoffen durch UV-Strahlen kann durch Lichtschutzmittel zum Teil entgegengewirkt werden. Treibmittel werden für die Herstellung von synthetischen Schaumstoffen genutzt und Füllstoffe erlauben die Streckung der Kunststoffmengen bei gleichzeitiger Veränderung der Materialeigenschaften. [Kalweit et al. 2012, S. 80–81]
Durch Faserverstärkung können die positiven Eigenschaften zweier Materialgruppen vereint werden. Abbildung 10 zeigt die Faserverstärkung bei der Herstellung von Glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). GFK vereint dabei die positiven Eigenschaften „hochfest“ der Glasfaser und „zäh“ des Kunststoffes. Gleichzeig werden die negativen Eigenschaften „spröde“ und „nicht fest“ aufgehoben. Dadurch ergibt sich ein aus werkstofflicher Sicht überlegenes Material. Eine Auflistung der Veränderungen der Materialeigenschaften durch verschiedene Füllstoffe ist ebenfalls in Abbildung 10 (rechts) zu finden.
[[File:Faserverstärkung_von_Kunststoffen_(links)_und_Einflüsse_auf_die_Kunststoffeigenschaften_(rechts).PNG|center|Abbildung 10: Faserverstärkung von Kunststoffen (links) und Einflüsse auf die Kunststoffeigenschaften (rechts) [Kalweit et al. 2012, S. 81]]]
===Reuse von Kunststoffen===
===Reuse von Kunststoffen===



Version vom 25. August 2021, 15:21 Uhr

Reuse von Kunststoffen

Die Wiederverwendung eines Produktes ist definiert als „die wiederholte Verwendung eines Produktes für denselben Verwendungszweck“ [Baur et al. 2019, S. 58]. Beispiele für die Wiederverwendung von Kunststoffprodukten sind das Pfandsystem für PET-Flaschen oder das mehrmalige Verwenden einer Einkaufstüte aus Kunststoff einschließlich der letztendlichen Verwendung als Mülltüte. Außerdem können Kunststoffbauteile von Elektronikgeräten wie Autoradios als Reparaturteile aufbewahrt und wiederverwendet werden. Alte Pflanztöpfe lassen sich problemlos auswaschen und erneut zum gleichen Zweck nutzen.

Aufbereitung und Recycling von Kunststoffen

Kunststoffabfälle stammen aus Industrie und Handel, Landwirtschaft und aus Haushalten. Die Abfälle aus Industrie und Handel bestehen oft aus den gleichen Kunststoffarten. Sie weisen eine für das Recycling wichtige Eigenschaft auf, die Sortenreinheit. Deshalb sind Abfälle aus diesen Bereichen leicht wieder zu verwerten. Gängige Abfälle sind Kanister, Fässer, Schrumpfhauben, Schaumpolystyrol und Verpackungsfolien. Die aus der Landwirtschaft stammenden Kunststoffabfälle sind ebenfalls sortenrein. Sie bestehen aus Mulchfolien und Silofolien. Mulchfolien werden verwendet um Felder abzudecken und mit Silofolien werden temporäre Silos zur Grünfutter-Konservierung hergestellt. Problematisch sind die Abfälle, die aus den Haushalten stammen. Sie werden nicht getrennt gesammelt und sind daher nicht sortenrein und stark verschmutzt. Sie zu trennen und zu reinigen erfordert viel Aufwand und bringt hohe Kosten mit sich. [Brandrup 1995, 213 f.] löhr 2012; 1:1

Der ursprüngliche Kunststoffrohstoff liegt in der Regel in Granulat- oder Pulverform vor. Ein Korngrößenintervall von 0,05 mm bis 0,8 mm definiert die Größe der Pulverform. Das Bestreben einer geeigneten Wiederverwertung zielt darauf, eine Teilchenform und -größe zu erzeugen, die dem gebräuchlichen Kunststoffrohstoff entspricht, weshalb im Normalfall eines Recyclingprozesses immer eine Zerkleinerung der Kunststoffreststoffe stattfindet [Brandrup 1995, S. 204–210]. Für die Zerkleinerung von Kunststoffen, speziell der Verbundwerkstoffe, gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Bewältigung dieser Aufgabe. Thermoplasten lassen sich aufgrund ihres plastischen Verhaltens wieder aufschmelzen. Daher eignen sie sich für die werkstoffliche Wiederverwertung und können so direkt einen zweiten Formgebungsprozess durchlaufen. Duroplasten und Elastomere werden dagegen aufgrund ihrer eng vernetzten Struktur in der Regel durch maschinelle Zerkleinerung beansprucht und später als Füllstoffe Neuwaren zugemischt. [Baur et al. 2019, S. 55–70] wagner 2012; 1:1

Bei der „werkstofflichen Wiederverwendung“ handelt es sich um die Verwendung von Kunststoff-Abfällen nach der Aufbereitung zu neuen Formmassen. Allerdings dürfen manche Kunststoffe aufgrund von Behandlungen mit Flammschutzmitteln nicht wiederverwendet werden (siehe z.B. EPS). Das werkstoffliche Recycling lässt nun die Makromoleküle der polymeren Werkstoffe weitestgehend unberührt und zielt auf deren Erhaltung ab. Es stützt sich auf die Verwendung von ausschließlich physikalischen Behandlungen wie Compoundieren, Granulieren, Filtern oder Aufschmelzen. Der so gewonnene Sekundär-Kunststoff wird auch als Rezyklat bezeichnet. Für das werkstoffliche Recycling eignen sich nur Thermoplasten, da diese als einzige Kunststoffart nicht vernetzt sind und sich daher unter Temperaturerhöhung neu formen lassen. Bei Duroplasten und Elastomeren ist dagegen keine Umformung möglich. Stattdessen können sie nur nach der Verarbeitung zu Mahlgut als Füllstoff genutzt werden. Dies wird dann als „Partikelrecycling“ bezeichnet. [Baur et al. 2019, S. 58–62]

Das rohstoffliche Recycling setzt auf molekularer Ebene an, aber bemüht sich um eine größtmögliche Erhaltung und Wiederverwendung der chemischen Struktur der Polymere. Dagegen wird bei der energetischen Verwertung ausschließlich der Energiegehalt der Kunststoffabfälle genutzt. Oft fehlt es bei rohstofflichen Recycling noch am Rücklaufmaterial. Diese Form des Recyclings lässt sich auf zwei Arten vollbringen:

  1. Über Zerlegung der Polymere in ihre Monomerbausteine oder
  2. Die Einbringung der Polymere in petrochemische Prozesse als Mineralölersatz. [Baur et al. 2019, S. 59]

Dazu stehen fünf Verfahren zur Verfügung. Bei den thermischen Verfahren kommt es zur thermischen Depolymerisation von z.B. Acrylharzen wie PMMA. Solvolytische Verfahren attackieren dagegen die Verbindungsstellen von Polymeren auf hydrolytische, saure, basische, alkoholische oder aminische Art. In der Pyrolyse erfolgt die Zersetzung der Kohlenwasserstoffketten unter Abwesenheit von Sauerstoff im Temperaturbereich von 500 - 850°C. Bei der Hydrierung werden die Kohlenwasserstoffe durch Sättigung und Cracken der Makromoleküle in einen gasförmigen Aggregatzustand gebracht. Während die Hydrierung mit hohem technischem und wirtschaftlichem Aufwand verbunden ist, bietet sie auch die Möglichkeit auf die Vorbehandlung zur Entfernung von Chlor und Stickstoff zu verzichten. Das letzte Verfahren ist die Vergasung. Hier werden die Kohlenwasserstoffe unter Luftzutritt bei 1000 – 1200°C behandelt, was zu deren Aufspaltung in die kleinstmöglichen Einheiten führt. [Baur et al. 2019, S. 67–68]

Für Aufbereitung und Verwertung ist zunächst eine Rückführung des Materials sicherzustellen. Diese ist bei Kunststoffabfällen Stand der Technik, entweder als Angussrückführung oder als Zuführung von Mahlgut zum Neugranulat. Die Schwierigkeit liegt in der Sortenreinheit. Gemischte und verunreinigte Kunststoffe lassen sich nur eingeschränkt für die Herstellung von Formteilen ohne große Qualitätsanforderungen verwenden. Allerdings gehört die sortenreine Sammlung von PVC-Profilen und PET-Flaschen bereits zum Standard. [Baur et al. 2019, S. 59–60]

Als letztes Mittel der Verwertung von Kunststoffabfällen sieht das Kreislaufwirtschaftsgesetz die energetische Verwertung vor. Kunststoffabfälle besitzen viel chemisch gebundene Energie, die bis zu 60 % der Produktionsenergie zurückliefern kann. Die Probleme der energetischen Verwertung sind mit den Halogenen und der de-novo-Synthese jedoch kritisch für die Umweltverträglichkeit der energetischen Nutzung von Kunststoffabfällen. Es ergibt sich unter anderem ein Bedarf an technisch aufwändiger Abgasreinigung und spezieller Temperaturregulierung im Kessel. Daher werden Abfälle bei der energetischen Verwertung zunächst zu spezifischen Sekundärbrennstoffen aufbereitet. Speziell für Kunststoffe bedeutet dies die Reduzierung von PVC, bis der Chlor-Anteil am Brennstoff unter 0,5 Gew.-% liegt. Dazu legt die Gütegemeinschaft RAL-GZ 754 Spezifikationen und Verfahren für Sekundärbrennstoffe fest. [Baur et al. 2019, S. 69–70]

In Bezug auf den Stoffstrom LVP gliedert sich der Recyclingkreislauf in die Schritte Erfassung, Sortierung und Aufbereitung. Die LVP-Sammlung ist ein Beispiel für ein sogenanntes comingled-System. Daher ist hier keine gute Sortenreinheit zu erwarten und eine strukturierte Aufbereitungskette notwendig. Nach der Sammlung im Gelben Sack, der Gelben Tonne und Sammelcontainern folgt eine Vorzerkleinerung und Vorkonditionierung für die Siebung. Die Siebung führt die Kornklassen > 220 mm und 20-220 mm einer Windsichtung zu. Das Feingut wird unmittelbar als Sortierrest klassiert. Im Anschluss an die Windsichtung folgt eine Magnetscheidung. Die Sortierung wird entweder durch manuelle Sortierung oder sensorgestützte Sortierung abgeschlossen. Die Prozesskette ist in Abbildung 11 dargestellt.

Abbildung 11: Prozesskette des LVP-Kreislaufes [Umweltbundesamt 2020, S. 13]
Abbildung 11: Prozesskette des LVP-Kreislaufes [Umweltbundesamt 2020, S. 13]

Im Gegensatz zu Metallen und PPK sind die Kunststofffraktionen nicht sofort zum Recycling geeignet, sodass für das Recycling der Sortierschritt entscheidend ist. Zwar kommt eine direkte energetische Verwertung aufgrund des hohen Heizwertes von Kunststoffen (quantitative Angabe einfügen) auch in Frage, doch das Recycling ist nach Abfallhierarchie des KrWG zu bevorzugen. [Umweltbundesamt 2015, S. 1]

Die abschließende Sortierung kann auf zwei Wegen erfolgen. Das gesiebte Material kann in einer Sortierkabine von Sortierpersonal manuell sortiert werden und nach Fraktionen und Sorten eingeteilt werden. Hierbei sind dem Prozess jedoch die Beschränkungen von Handsortierungen auferlegt (Grafik und Quelle einfügen für quantitativen Beleg). Im oberen Bereich von Abbildung 12 wird dieser nicht automatisierte Sortierprozess gezeigt. Statt einer Handsortierung kann auch eine sensorgestützte Sortierung durchgeführt werden. Bei dieser wird das Material nach der Siebung zunächst in Windsichtung, Magnetscheidung und Wirbelstromscheidung (WSS) vorbereitet. Die Wirbelstromscheidung schließt sich dabei der Magnetscheidung an, um das Aggregat vor dem Einbrennen von magnetisierbarem Material zu schützen. In der Magnetscheidung werden die Fe-Metalle abgesondert und in der Wirbelstromscheidung die NE-Metalle. Hierbei ist zu beachten, dass die Wirbelstromsortierung unter realen Bedingungen kaum zwischen den einzelnen Sorten der NE-Metalle differenzieren kann. Es ist also ein weiterer Sortierschritt für das NE-Konzentrat notwendig. In der Sensorsortierung wird des Reststrom der WSS nach PPK und Kunststoffen getrennt. Dabei können sogleich verschiedene Produktströme für die einzelnen Sorten erstellt werden. Der automatisierte Sortierprozess ist im unteren Bereich der Abbildung 12 dargestellt. [Umweltbundesamt 2015, S. 3]

Abbildung 12: Nicht automatisierter vs. automatisierter Sortierprozess [Umweltbundesamt 2015, S. 3]
Abbildung 12: Nicht automatisierter vs. automatisierter Sortierprozess [Umweltbundesamt 2015, S. 3]

Nach der Sortierung der Kunststoffe ist noch eine Veredelung der Kunststoffe zu Polymergranulaten oder -mahlgütern von Nöten. Dadurch kann eine gleichmäßige Qualität des Produktstromes sichergestellt werden, sodass das Material wieder in der Produktion oder anderen Recyclingprozessen verwendet werden kann. Abbildung 13 stellt den Aufbereitungsprozess von vorsortierten PET-Flaschen dar. Dort folgt nach einer trockenmechanischen Vorbereitung und nassmechanischen Aufbereitung die Kunststoffveredelung. [Umweltbundesamt 2015, S. 4]

Abbildung 13: Prozessschema der Fima KRONES für das PET-Recycling
Abbildung 13: Prozessschema der Fima KRONES für das PET-Recycling