Glas besteht aus mehreren Rohstoffen, die verschmolzen werden und nach dem Abkühlen erstarren. In Tabelle 1 ist die typische Zusammensetzung von Flachglas ohne Zusatzstoffe, wie beispielsweise Färbemittel, dargestellt.
Glas ist ein amorpher Feststoff, bildet also keine Kristallgitter. Es besitzt eine hohe Resistenz gegenüber chemischen Einflüssen und einen hohen elektrischen Widerstand. Bei 1.300°C – 1.555°C tritt Glas als dünnflüssige Schmelze auf, wobei die Verarbeitung der Schmelze zu Produkten bei 1.200°C stattfindet.
Es gibt verschiedene Glassorten. In Tabelle 1 sind die vier Hauptglassorten mit einigen Eigenschaften gezeigt.
Siliziumdioxid, welches dem Prozess als Quarzsand hinzugefügt wird, ist der Hauptbestandteil der Glasschmelze. Die Schmelztemperatur des Rohstoffes liegt bei 1.860°C. [1] Quarzsand entsteht durch intensive chemische Verwitterung aus Quatzgestein. Für die Herstellung von Glas müssen die Quarzsande eine Reinheit von 99-99,8% aufweisen. Der Rohstoff wird im Tagebau abgebaut. Quarzwerke GmbH ist das größte Abbauunternehmen Deutschlands mit Zugriff auf sechs Quarzsandlagerstätten. [2]
Natriumoxid
In Form von Natriumkarbonat, umgangssprachlich Soda genannt, oder Natriumsulfat, auch Glaubersalz, wird der Schmelze Natriumoxid zugeführt. Mit einer Schmelztemperatur von 850°C wird dieser Rohstoff in der Glasherstellung als Schmelzbeschleuniger eingesetzt. [1] Soda kann sowohl aus natürlichen Vorkommen abgebaut, als auch synthetisch hergestellt werden. In Deutschland wird die synthetische Herstellung betrieben. Die Ausgangsstoffe für die Herstellungsverfahren, wie zum Beispiel das Solvay-Verfahren, sind Kalkstein und Natriumchlorid. [3]
Kalzium- und Magnesiumoxid
Diese Oxide dienen als Stabilisatoren und gelangen über das Kalkgestein Dolomit, welches auch einen Magnesiumgehalt aufweist, in die Herstellung. Die Schmelztemperatur liegt bei 2.500°C. [1]
Aluminiumoxid
In Form von Feldspat, zum Beispiel als Tonerde oder Bauxit, gelang Aluminiumoxid in den Prozess [2]. Das Ziel ist die Erhöhung der Festigkeit, Härte und der chemischen Beständigkeit. [4]
Kaliumoxid
Für eine erhöhte Brillanz des Glases sorgt Kaliumoxid, welches der Herstellung mittels Pottasche zugeführt wird. [4] Die geringe Schmelztemperatur von 890°C bedingt außerdem eine Nutzung als Flussmittel. [1]
Die Rohstoffe für die Herstellung von Glas werden in Wannen miteinander verschmolzen. Dabei wird zwischen kontinuierlichen und diskontinuierlichen Wannen unterschieden. Kontinuierliche Wannen werden für die Herstellung großer Mengen verwendet und mit Gas oder Öl betrieben, während diskontinuierliche Wannen für Gläser verwendet werden, die nur in geringem Umfang produziert werden. Diese können auch nur elektrisch erhitzt werden. Je nach Glassorte werden Temperaturen von 900°C bis 1600°C benötigt. Die Glasherstellung ist ein energieaufwändiger Prozess mit hohen CO2- und NOx-Emissionen. Der schematische Prozess der Glasherstellung ist in Abbildung 1 dargestellt. [8][9]
Nach der Schmelze finden die Formgebenden Prozesse statt. Flachglas wird gewalzt, Behälterglas wird hautsächlich geblasen oder gepresst. Das sogenannte Blas-Blas-verfahren (Siehe Abbildung 2) ist das traditionelle Verfahren zur Behälterglasherstellung. Eine spezielle Variante des Press-Blas-Verfahrens (siehe Abbildung 2) ist das Enghals-Press-Blas-Verfahren Es ermöglicht die Produktion von dünnwandigem Leichtglas. Dadurch können Rohstoffe, Gewicht und Transportkosten gespart werden. Außerdem kühlt das Glas nach der Fertigung schneller ab und ermöglicht so die Produktion größerer Stückzahlen. [10]
Die größte Anwendungsbereich für Glaserzeugnisse stellt die Behälterglasindustrie dar. 2019 betrug der Anteil an Behälterglas an der gesamten Glasproduktion in Deutschland 56 %. Der Anteil an Flachglas betrug 27,3 %. Rund 1 Million Tonnen wurden 2019 zu Glas- und Steinwolle verarbeitet. Die Produktion von speziellen Gläsern für den Haushalt, die Forschung oder die Wirtschaft nahm dagegen nur einen geringen Anteil von 3,8 % ein. Die Werte sind in Abbildung 4 dargstellt. [12]
Abbildung 4: Glasproduktion im Jahr 2019 und die Anteile der einzelnen Glasbranchen [12]
Die umsatzstärkste Branche der Glasindustrie in Deutschland ist allerdings nicht die Behälterglasindustrie sondern die Flachglasveredelung. Dazu zählt beispielsweise die thermische und chemische Veredelung von Flachgläsern. [13] Es folgt die Behälterglasherstellung mit einem Umsatzanteil von 25%. In Abbildung 5 sind die verschiedenen Branchen und die prozentuale Verteilung der Umsätze dargestellt. [14]
Abbildung 5: Umsatz der Glasindustrie in Deutschland nach Branchen 2019 [14]
Die Bauindustrie ist mit fast 50% Anteil am Produktionswert der größte Abnehmer der Glasindustrie. An zweiter Stelle steht die Ernährungs- und Getränkeindustrie. Die Chemie-, Pharma- und Kosmetikindustrie haben genauso wie die Automobilindustrie und die sonstige Anwendungen jeweils etwa einen Anteil von 10 %. Der Anteil für Haushalt und Gastronomie mit 4 % fällt genauso wie der Anteil der Kunststoff- und Textilindustrie eher gering aus. Die Verteilung der Kunden der Glasindustrie können Abbildung 6 entnommen werden. [14]
Vor dem eigentlichen Glasrecycling kann die im Kreislaufwirtschaftsgesetz höher gestellte Wiederverwendung von Glasflaschen erfolgen. Glasflaschen, die über das Pfandsystem gesammelt wurden, können nach einer gründlichen Reinigung wieder befüllt werden. Nach etwa 50 Spülvorgängen werden Optik und Funktion des Verschlusses beeinträchtigt. Die aussortierten Flaschen können als Altglas in Form farblich gleichen Scherben dem Herstellungsprozess zugegeben werden. Altglas kann unendlich oft eingeschmolzen werden. [4][12]
Klassisches Behälterglas hat die Abfallschlüsselnummer 15 01 07, Glas aus Bau- und Abbruchabfällen die Schlüsselnummer 17 02 02 und Abfall aus der Herstellung von Glas und Glasprodukten die Schlüsselnummer 10 11. Auch Reststoffe des Recyclingprozesses können recycelt werden. Hier bietet sich zum Beispiel der Einsatz als Reflektoren in Straßenmarkierungen, als Dämmstoff oder beim Sandstrahlverfahren an. In Abbildung 7 ist der Glas-Recycling-Kreislauf schematisch dargestellt. [4]
Zunächst werden die farblich getrennten Scherben mechanisch aufbereitet. Zwei beispielhafte Aufbereitungskonzepte sind in Abbildung 8 dargestellt. Das angelieferte Glas wird zunächst einer groben Siebung und einer manuellen Vorsortierung unterzogen. Die Fraktion größer 60 mm wird nach der Siebung als NE – Schrott aussortiert. Je nach Anlagenkonzept besteht die mechanische Aufbereitung zudem aus einer Absaugung, einen oder mehreren Magnetabscheidungen, Zerkleinerungen und Siebungen bei verschiedenen Maschenweiten. Abschließend wird das Altglas einer optischen Sortierung mittels Infrarottechnologie unterzogen. [16][12]
Die Sensorsortierung stellt einen maßgeblichen Schritt in der Altglasaufbereitung dar. An Altglas werden hohe Anforderungen bezüglich der Reinheit gestellt. In einer Tonne Altglas für dürfen sich maximal 25 g Keramik, Stein und Porzellan (KSP-Fraktion) und maximal 5 g Nichteisenmetalle befinden. Auch für andere Störstoffe müssen Grenzwerte eingehalten werden. Die Fraktion Keramik, Stein und Porzellan hat einen höheren Schmelzpunkt als Glas und würde somit zu Einschlüssen in dem fertigen Glasprodukt führen. Metalle können eine Zerstörung des Schmelzwannenbodens mit sich bringen. [4][12]
Neben den Anteilen an Störstoffen ist auch die Farbreinheit der Altglasscherben von hoher Bedeutung für den Einsatz als Sekundärrohstoff. Gegenüber Verunreinigungen durch andersfarbige Altglasscherben ist Weißglas am empfindlichsten. Der Fremdfarbenanteil darf maximal 0,3% betragen ("eine grüne Sektflasche pro Tonne Weißglas"), wohingegen er bei braunem Glas bis zu 8% betragen kann. Bei Grünglas ist ein Fremdfarbenanteil von bis zu 15% akzeptabel. In diese Fraktion gehört auch blaues Glas. [4][16][12]
Beispielhaftes Aufbereitungsverfahren für Altglas [16]
Durch die niedrigeren Schmelztemperaturen von Altglasscherben im Gegensatz zu dem Rohstoffgemenge bei der Primärherstellung sinkt der Energiebedarf pro 10 Massen-% eingesetztem Altglas etwa um 2% - 3%. Dazu werden Rohstoffe eingespart und somit auch die Enegie, die für den Abbau- und Herstellungsprozess benötigt werden würde. [12]
Recycling anderer Glassorten
Auch andere Glassorten als Behälterglas bzw. Kalk-Natron-Glas können recycelt werden. Diese Prozesse sind allerdings oft aufwendig und wirtschaftlich nicht rentabel. Bleiglas wird derzeit teilweise als Schlackenbildner in der Bleiindustrie eingesetzt. Es gibt Verfahren, mit denen das Bleiglas eingeschmolzen und das enthaltene Blei durch Reduktion zurückgewonnen wird. So kann aber nur ein kleiner Teil des anfallenden Bleiglasabfalls verwertet werden. Auch der Wiedereinsatz von Bleiglas, zum Beispiel als Scheiben für Röntgenräume findet kaum noch statt. [17] Auch Flachglas kann gesammelt, eingeschmolzen und erneut zu Flachglas verarbeitet werden. Je nach Reinheit ist auch der Einsatz in der Behälterglasproduktion oder als Dämmwolle, Schmirgelpapier oder Glasbaustein möglich. [18]
Das Einschmelzen und wiederverwenden von Spezialglas wird nur in seltenen Fällen praktiziert. Hier sind die Quoten für den Wiedereinsatz sehr niedrig. [19]
2019 lag das gesamte Abfallaufkommen von Glas in Deutschland bei 2.640.000 Tonnen und machte damit 5,2% des gesamten Abfallaufkommens aus. Davon wurden 1000 Tonnen durch Ablagerung beseitigt. 1000 Tonnen wurden der energetischen Verwertung zugeführt. 2.638.000 Tonnen wurden der stofflichen Verwertung zugeführt. Das entspricht einer Verwertungsquote von fast 100%. [21]. 2020 machte Altglas 4,6% des Hausmülls in Deutschland aus. [22]
Die Verwertungsquote von Glas als Verpackungsmaterial lag in 2018 bei 83% [20]. In Abbildung 9 sind die Verwertungsquoten einiger Jahre von 1997 bis 2018 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Quote seit 2016 sinkt. Das ist auf den steigenden Preis der Altglasscherben zurückzuführen, sodass der Einsatz dieser nicht mehr lohnenswert ist. [23]
Der Einsatz von Altglasscherben unterscheidet sich je nach Glasfarbe. 2006 wurden im Durchschnitt 40% Altglas für die Produktion von Braunglas verwendet, bei Weißglas waren es 57%. Bei der Grünglasproduktion lag der Einsatz von Altglas bei 63%. [12]
↑ 11,011,1 Schaeffer HA, Langfeld R. Herstellung – Schmelzen und Formgebung von Glas. In: Schaeffer HA, Langfeld R, editors. Werkstoff Glas: Alter Werkstoff mit großer Zukunft. Berlin: Springer Vieweg; 2014, p. 131–170.
↑ RESORTI GmbH & Co. KG. Altglasentsorgung. Trennen, aber richtig: Welches Glas darf in Glascontainer? Tipps zum umweltfreundlichen Glas-Recycling vom RESORTI-Blog! Online verfügbar unter: <https://www.resorti.de/blog/altglasentsorgung/>, zuletzt geprüft am 05.10.2021.